Durchdachte Gedanken zwischen Algorithmus und Applaus

Der Blog von Ferry van Saalbach über Technologie, Gesellschaft, Moderation und KI.

Eine Terminator-Figur und ein Therapeut, die die zwei möglichen Gesichter von KI beschreiben sollen und daher jeweils ein ChatGPT-Logo an sich haben.

Wie KI unsere Gesellschaft verändern wird

Wir sind mitten in der wahrscheinlich größten Revolution, die die Menschheitsgeschichte jemals gesehen hat. Denn mit der ubiquitären Verfügbarkeit von künstlicher Intelligenz verändert sich die Welt unaufhaltsam. Und es wird an uns und unserem Bewusstsein liegen, wie wir diese Veränderung gestalten.

Vom Wert des Wissens

Für mich hatte und hat Intelligenz einen enorm hohen Stellenwert in meinem Leben. Ich wurde schon sehr früh dahingehend geprägt, dass nichts so wichtig wäre wie Wissen. Das hat mir zeitlebens eine ungeheure Neugier vermittelt. Ich wollte immer wissen und verstehen, wie Dinge funktionieren – Systeme, Technologien, Gesellschaften. Und Menschen.

In vielen Zusammenhängen musste ich jedoch lernen, dass Wissen, Intelligenz und Logik nicht immer und überall die oberste Richtschnur sind, von der Erfolg und Entscheidungen abhängen. Sondern dass es häufig auch auf Charme oder Soft Skills ankommt. Und manchmal auch auf Macht oder Lautstärke. Das führte dann oft nicht zu den besten Ergebnissen für das gesamte System oder meinen Arbeitgeber – sondern zu einem Ergebnis, das Einzelnen oder einzelnen Strukturen diente.

Die leise Revolution der Logik

Mit dem Eintreten einer allverfügbaren Intelligenz wird sich das aber nun verändern. Davon bin ich überzeugt. Wir werden eine Welt erleben, in der nicht mehr die Lautesten oder Aggressivsten den Ton angeben. Weil wir immer und überall die Möglichkeit haben, Entscheidungen und Gedanken zu hinterfragen. Weil wir sie in Sekundenschnelle mit Intelligenz und Logik anreichern können. Weil wir diese Fähigkeit nun buchstäblich in unserer Hosentasche tragen. Und lernen werden, damit umzugehen, um zu besseren Entscheidungen zu kommen. Nicht zu Lauteren.

Dafür aber braucht es ein wesentliches Wesensmerkmal: Demut.

Demut davor, dass es etwas gibt, das mehr weiß, als man als Einzelner jemals wissen kann. Und dass das in Ordnung ist.

KI zwischen Wahrscheinlichkeiten und neuen Logiken

Diese Umstellung ist monumental und in ihrer Größe heute kaum abzuschätzen. Aktuell arbeiten KI-Systeme vor allem mit Wahrscheinlichkeiten und erkannten Zusammenhängen in Daten. Gleichzeitig haben die jüngsten Entwicklungssprünge – etwa der Wechsel von frühen ChatGPT-Versionen hin zu Modellen wie o3 mit stärkerer Einbindung externer Logiken und Werkzeuge – gezeigt, wie rasant sich das Feld in Richtung vernetzter, begründbarer Entscheidungen bewegt.

Was die nächsten Iterationen bringen, ist kaum absehbar – außer, dass der Schritt erneut größer ausfallen könnte, als wir erwarten. Und das kann weitreichende Veränderungen mit sich bringen.

Wenn Wissen kein Wettbewerb mehr ist

Unser aktuelles gesellschaftliches System in der westlichen Welt basiert stark auf Wettbewerb – im Großen wie im Kleinen. Menschen wollen sich gegen andere behaupten, Unternehmen wollen sich gegen andere Unternehmen durchsetzen. Wenn diese Kompetenz künftig aber nicht mehr als „Herrschaftswissen“ in einzelnen Menschen existiert, sondern in eine übergeordnete Intelligenz ausgelagert wird, wird der Wettbewerb um Wissen zunehmend an Bedeutung verlieren.

Diese Gedanken machen vielen Menschen Angst. Es entsteht die Furcht, selbst obsolet zu werden – keine Bedeutung mehr in dieser neuen Welt zu haben. Diese Angst ist verständlich. Gerade Menschen wie mir, für die Intelligenz und Wissen immer ein Distinktionsfaktor waren, macht der Gedanke Angst, dass etwas, was ihnen einen Vorteil gebracht hat, plötzlich nichts mehr wert sein könnte.

Es lohnt sich in meinen Augen aber, das Ganze aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten: nicht als Verlust, sondern als Einladung. Als Einladung, uns zu fragen, was an die Stelle tritt. Was wir tun wollen, wenn wir vieles nicht mehr müssen.

Die Zukunft gehört der Resonanz

Darin besteht für mich auch die größte Herausforderung, die künstliche Intelligenz mit sich bringt. Wir werden uns auf gesellschaftlicher und philosophischer Ebene überlegen müssen, was wir Menschen künftig tun wollen. Vielleicht sogar: WER wir sein wollen. In einer Zukunft, in der repetitive Tätigkeiten und Denkaufgaben sukzessive von einer uns überlegenen Intelligenz übernommen werden können.

Dann könnte Resonanz zum entscheidenden Thema werden.

Ich bin überzeugt, dass unsere künftige Aufgabe darin liegt, Resonanz zu erzeugen – miteinander, im echten Kontakt. Uns gegenseitig wahrzunehmen: als kreative, fühlende, schöpferische Wesen, die gemeinsam gestalten. Mit einem quasi unerschöpflichen und wohlwollenden Wissen an unserer Seite.

Genau das ist (und war schon immer) mein Antrieb als Moderator: Gesprächsarchitekturen bauen, die Komplexität bändigen und echte Begegnung ermöglichen – damit aus Wissen Wirkung wird.

Eine neue Bedeutung von Intelligenz

Dazu aber müssen wir unsere Furcht davor überwinden, irgendwann und möglicherweise schon recht bald nicht mehr die Krone der Intelligenz zu sein. Und den Mut finden, eine neue Bedeutung zu entdecken.

Ich betrachte diese Entwicklung mit Spannung. Und mit Freude. Weil ich Veränderung liebe. Und weil ich überzeugt bin, dass sie die Menschheit im großen Maßstab neu aufstellen wird. Ich bin begeistert, das miterleben und mitgestalten zu dürfen.

Dafür aber braucht es Bewusstheit – die Bewusstheit, dass wir mehr sind als einfach nur „besser“ als jemand anders.

Lust auf mehr?

Als jemand, der sich aufgrund einer analytischen Psychotherapie in seinem Leben schon sehr intensiv mit Bewusstheit, den eigenen Schwächen, der eigenen Bedeutung (und dem Blick darauf) und vor allem der eigenen Geschichte beschäftigen durfte, ist es mir ein Anliegen, die Bedeutung der eigenen Bewusstheit für den Umgang mit KI zu erklären. Darum habe ich zu diesem Thema auch eine eigene Keynote erstellt. Wenn Sie dafür eine Bühne haben, dann nehmen Sie doch gerne über das unten stehende Kontaktformular Kontakt auf!

de_DEGerman